Das Geheimnis der Ackerburg

Wo heute Kühe weiden und sich Fuchs und Hase „Gute Nacht“ sagen, herrschte hier auf einem römischen Gutshof vor etwa 1800 Jahren emsiges Treiben. Mit Ausnahme eines vielleicht als Weinkeller genutzten Kellerraumes, dessen stark einsturzgefährdete Gewölbedecke von 1840 stammt, schlummern die Reste dieses möglicherweise mit der Villa Otrang vergleichbaren Anwesens unsichtbar unter der Grasnarbe. Besonders bis zum Beginn des letzten Jahrhunderts wurden hier immer wieder Scherben und andere Dinge gefunden (siehe Auszug unten), wie Lehrer Gilen 1919 an die Behörde in Trier berichtete.

Das Highlight dieser Funde ist sicher der Goldring in Schlingenform, der 1896 den Weg nach Trier fand und heute im Depot des Rheinischen Landesmuseums sicher verwahrt wird: In der flachen Vorderseite ist ein dunkelblauer Nicolo eingelassen. Die plumpe, aber detailreiche Arbeit mit mehreren Rädchen zeigt die Venus Victrix mit den Waffen des Mars in Rückenansicht. Die augusteische Kunst schuf für die Stammmutter des julischen Hauses zahlreiche Darstellungen. Die Rückenansicht mit Waffen wird mit dem Siegelring Caesars in Verbindung gebracht. Stellenweise weist der Ring eine Innenpolitur auf, kräftige Gebrauchsspuren deuten auf häufiges Tragen hin. Die Größe beträgt 1,2 x 0,9 cm.

Hier noch ein hochinteressanter Auszug aus den „Jahrbüchern des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande“, Band III, erschienen in Bonn 1843: „Sehr weitläufige und zum Theil wohlerhaltene Reste eines Römischen Gebäudes sieht man auf der sogenannten Ackerburg. Dieser Ort liegt 20 Minuten von dem Flüsschen Nims auf einer Anhöhe des rechten Ufers. Gegenwärtig steht nur eine kleine Bauernhütte an der Stelle, die seit undenklichen Zeiten den Namen ‘Ackerburg’ führt und als der Ort nächtlicher Kobolde und Gespenster beim Landvolke bekannt ist.Dicht dabei ziehen sich die Ruinen eines Römerbaues auf einer Fläche von c. 7 Morgen, theils über, theils unter dem Boden hin; eine zahllose Menge Bausteine, Römische Ziegel ­ Dach- und Bauziegel mit gestreiften Oberflächen ­ Säulenfragmente aus Sandstein ­ Capitäle und Schäfte ­ liegen hier und dort auf Haufen; auch fand man früher beim Nachgraben viele Stücke von Wandbekleidungen mit Malereien in verschiedenen Farben, schöne Estriche, unterirdische Heizanstalten und eine sehr grosse Menge Holzasche. Eine daselbst gefundene Kupfermünze, die ich zu sehen Gelegenheit hatte, war von Antoninus Pius, eine andere, die ich besitze, ist von Diocletian. Ausser vielen Kupfermünzen werden auch von Zeit zu Zeit Stücke von Aschenkrügen, kleine Flaschen aus sehr dünnem Glase und mit Asche und Knochen gefüllte Urnen hervorgegraben. Vor mehreren Jahren soll, nach Aussage der Einwohner, ein viereckiger Stein mit dem Brustbilde einer männlichen Person und einer Inschrift aus den Trümmern hervorgezogen und zugleich ein aus Silber- und Goldplättchen bestehender Ring mit einem grauen, halbdurchsichtigen, eingefassten Stein gefunden worden sein, der für vier Kronenthaler verkauft wurde. Ein unterirdisches Gemach, in netzförmigem Mauerwerk sauber aufgeführt, steht noch wohlerhalten und wird gegenwärtig, nachdem man ein neues Gewölbe darüber geschlagen, als Kartoffelkeller benutzt. Dasselbe hat eine Länge von 19 F. 3 Z. und eine Breite von 11 F. im Lichten; die Mauern stehen noch 5 1/2 F. und haben eine Dicke von c. 2 F; an der Südseite des Gemaches befindet sich der Eingang, an dem eine kleine Treppe hinabführt; im Innern sieht man in der einen Seitenwand eine 15 Z. hohe, 6 Z. breite Nische, in der entgegengesetzten sind zwei andere von derselben Grösse neben einander; in einer andere Wand geht eine c. 2 Fuss weite schräg in die Höhe laufende Oeffnung, die gen Nordosten gekehrt ist, nach aussen; das Gemach selbst halte ich für einen Weinkeller (m. vgl. Vitruv. L. Vl. c. 2. und Varro de re rust. 1. 13.). Der ganze Bau scheint von ausserordentlichem Umfang und, nebst den Nebengebäuden, noch mit einer Mauer umschlossen gewesen zu sein; an Ausdehnung gab er dem bekannten Römermonumente bei Fliessem wenig oder gar nichts nach; derselbe hatte auch Mosaikböden: ich besitze eine Anzahl Steinchen (Tessellae) weiss und blau ­, die in meiner Gegenwart aus den Trümmern aufgelesen wurden. Zu bedauern ist es nur, dass hier nicht ebenso, wie bei den Denkmale zu Fliessem, planmässige Nachgrabungen gehalten wurden. ­ Fünf Minuten südöstlich von diesem Gebäude traf man vor Jahren zufällig auf 7-8 Kalköfen, einige Fuss tief unter dem Boden: 4-5 derselben waren noch mit Kalksteinen angefüllt, von denen ein Theil schon gebrannt war; ausserdem fand man viele Holzasche. Wahrscheinlich gehörten diese Oefen zu dem eben erwähnten Römerbaue; die Landleute versetzen sie vor die Sündfluth. Eine halbe Stunde südlich von der Ackerburg, zwischen den Dörfern Ehlenz und Liessem, stiess man vor einigen Jahren nahe am linken Ufer der Ehlenz auf Röhmische Rudera, die aber nicht weiter verfolgt wurden.“
An dieser Stelle danken wir den Damen und Herren des Rheinischen Landesmuseums Trier herzlich für die freundliche Unterstützung.

www.uni-trier.de/trier/lm/rlmt.htm